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Personalentwicklung

Pfarrer für die EKHN aus EKBO und Sachsen

In der jüngsten Ausgabe des Amtsblattes der EKHN 8/2013 werden drei Neuzugänge in der EKHN bekannt gegeben. Sie werden wie es heißt „unter Fortdauer des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses gemäß § 79 PfDG EKD in Verbindung mit § 80 PfDG EKD in den Dienst der EKHN versetzt“. Zwei der Kollegen stammen aus der EKBO, einer aus der Ev. Luth. Landeskirche Sachsens. Die Pfarrerinnen und Pfarrer der EKHN werden sich über die Verstärkung angesichts schwacher eigener Studentenzahlen und Entlastung durch Nachwuchstheologen freuen.

2013 nimmt die EKiR so viel Kirchensteuern ein, wie lange nicht mehr. Ein Grund 35% des Haushalts sparen zu wollen.

Ein Paukenschlag –

Rheinische Kirche kündigt verschärften Sparkurs an

Trotz gestiegener Einnahmen:

betriebsbedingte Kündigungen sind nicht ausgeschlossen!

Von Hans-Jürgen Volk

Wenn Unternehmen trotz hoher Gewinne Arbeitsplätze abbauen, gab es dazu in der Vergangenheit berechtigterweise kritische Stellungnahmen von exponierten Vertretern der Ev. Kirche wie dem EKD-Ratsvorsitzenden Nikolaus Schneider. Nun kündigt die Ev. Kirche im Rheinland einen drastisch verschärften Sparkurs an – trotz einer Steigerung des Nettokirchensteueraufkommens von etwa 24% seit 2005.

Die nachfolgende Übersicht dokumentiert, dass die Einnahmesituation der rheinischen Kirche seit 2005, abgesehen von einem moderaten Rückgang, der durch die Finanz- und Wirtschaftskrise ab 2008 ausgelöst wurde, sich seit nunmehr 8 Jahren stabil in eine positive Richtung entwickelt hat:

2005

2006

2007

2008

2009

2010

2011

2012

2013

Nettokirchen-steuer-Aufkommen (Verteilbetrag)

in Euro

492 Mio.

499 Mio.

562 Mio.

599 Mio.

584,8 Mio.

560,00 Mio.

570,00 Mio.

594 Mio.

Über 600 Mio.

Schätzung

Im gleichen Zeitraum wurden bereits durch massiven Stellenabbau und durch die Schließung landeskirchlicher Einrichtungen Kosten reduziert. Die Lohn- und Gehaltsentwicklung der kirchlich Beschäftigten bewegt sich in einem äußerst bescheidenen Rahmen. Sie liegt in langjährigem Mittel deutlich unterhalb der Inflationsrate. Bisher waren trotz dieser Sachverhalte auf der Ebene der Landeskirche bis 2023 Einsparungen um 15% vorgesehen Nun sollen diese Vorgaben bis 2015 umgesetzt werden und bis 2018 Kostenreduzierungen im Haushalt der Landeskirche um brutale 35% erfolgen.

Positiv: ein neuer Stil – Einstieg zu einem ergebnisoffenen Diskurs?

Anerkennenswert ist, dass die neue Kirchenleitung den neuen Sachverhalt offen kommuniziert hat – z.B. durch eine Pressemitteilung sowie durch eine Videobotschaft von Präses Rekowski. Einen neuen Stil signalisiert die Veröffentlichung eines Schreibens an die Mitglieder der Landessynode, VerantwortungsträgerInnen in landeskirchlichen Ausschüssen, Werken und Einrichtung sowie die Superintendentinnen und Superintendenten.

Entscheidend ist nun, ob die löbliche Transparenz und die deutlich signalisierte Bereitschaft zur offenen Diskussion und ehrlichen Partizipation tatsächlich einen umfassend ergebnisoffenen Diskurs eröffnet. Dieser müsste bereits bei der Frage ansetzen, ob die anvisierten Sparmaßnahmen angesichts der positiven Einnahmeentwicklung gerechtfertigt sind. Denkt man an die Regionalkonferenzen des Jahres 2011, in dem die Themen Personalplanung und Verwaltungsstrukturreform im Mittelpunkt standen, so waren damals Detailveränderungen möglich, die wesentlichen Grundentscheidungen standen aber nicht zur Disposition – Scheinpartizipation. Was Matthias Burchardt in seinem Beitrag „Liebesgrüße aus Gütersloh“ zur gesellschaftlichen Rolle der Bertelsmannstiftung schreibt, lässt sich gut auf die von oben gelenkten kirchlichen Diskurse übertragen: „Die Zuspitzung auf Problemlösungen und Ergebnisorientierung funktionalisiert die Demokratie als nachgelagertes Potential flexibler Bewältigungsreaktionen auf externe Sachzwänge. Eine offensive Gestaltung oder Veränderung der Verhältnisse, aus denen die vermeintlichen Sachzwänge erwachsen, ist nicht vorgesehen.“ Ersetzt man den Begriff „Demokratie“ durch „presbyterial-synodale Ordnung“, so erhält man eine treffende Beschreibung kirchenleitender Top-Down-Strategien. Rekowski wie Weusmann haben mit ihren Bewerbungsreden vor der Landessynode im Januar 2013, die diese schließlich in die beiden wichtigsten Ämter der rheinischen Kirche wählte, mit unterschiedlicher Intensität andere Akzente gesetzt. Insofern kann man noch hoffen, dass es einen breiten und ergebnisoffenen Diskurs geben wird.

Auf der anderen Seite ist es derart unfassbar, wie insbesondere mit den Beschäftigten der Kirche umgegangen wird – Einsparungen um 35% bis 2018 bei gleichzeitiger Steigerung des Netto-Kirchensteueraufkommens zwischen 2005 und 2013 um ca. 24% -, dass man vermutlich auf die angeblichen „Sachzwänge“ im Zusammenhang mit zukünftigen Versorgungs- und Beihilfeansprüchen verweist und die vorgegebenen Sparziele als „alternativlos“ darstellt. Wir werden sehen!

Zukunftssicherung durch Kapital – zu Lasten der Beschäftigten

Bereits mit den „Sparankündigungen“ suspendiert sich die Ev. Kirche im Rheinland von den eigenen sozialethischen Standards bzw. setzt sie für den internen Gebrauch außer Kraft. Was ist der Hintergrund?

Der angesprochene Brief der Kirchenleitung beginnt mit dem Satz: „Wie können wir auch in Zukunft unsere Leitvorstellung „missionarisch Volkskirche sein“ verwirklichen, wenn unsere Mitgliederzahl seit 1970 um fast ein Drittel gesunken ist und weiter kontinuierlich sinkt und unsere Finanzkraft nicht zuletzt dadurch nachhaltig geringer wird?“ Offenbar verbirgt sich hinter diesem Einstieg, der einmal mehr den irreführenden Zusammenhang zwischen Mitgliederentwicklung und Finanzkraft herstellt, die Erkenntnis, dass man ohne diese Übung die angekündigten Sparmaßnahmen weder intern noch nach außen vermitteln könnte. Dennoch ist er eine Irreführung, wie der Blick auf die folgenden Zahlen verdeutlicht:

1970

1977

1987

1990

2000

2007

2013

Gemeindeglieder in Mio.

3,856

3,604

3,318

3,269

3,113

2,92

2,74

Nettokirchensteuer-

Aufkommen in Euro

200 Mio.

350 Mio.

440 Mio.

580 Mio.

551 Mio.

562 Mio.

Ca. 600 Mio.

Richtig ist also: seit 1970 hat die Ev. Kirche im Rheinland etwa 1/3 ihrer Mitglieder verloren. Das ist außerordentlich betrüblich. Gleichzeitig hat sich das Netto-Kirchensteueraufkommen verdreifacht. Wenn man also einen Zusammenhang zwischen Mitglieder- und Kirchensteuerentwicklung empirisch feststellen will, müsste man eine Kirchenaustrittsbewegung initiieren, um die kirchlichen Einnahmen zu beflügeln. Dies ist natürlich genauso großer Mumpitz wie die Behauptung, eine sinkende Mitgliederzahl würde zwangsläufig und berechenbar die Finanzkraft der Kirche schwächen. Im Zeitraum von 33 Jahren geschah das Gegenteil: die Finanzkraft stieg trotz Mitgliederverlust.

Unbestritten ist, dass es spätesten seit 1994 zu Einbrüchen bei den Kirchensteuereinnahmen kam. Diese sind zurückzuführen auf steuerpolitische Maßnahmen, die wirtschaftliche Entwicklung und die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt.

Fazit: Der Hintergrund der angekündigten Sparanstrengungen ist keineswegs eine prekäre Einnahmesituation. Prognostizierte Kosten der Zukunft lösen vielmehr den gegenwärtigen Finanzdruck aus. (Aktuell ist in diesem Zusammenhang der Beitrag vom März 2011 „Die Zeiten für die abhängig Beschäftigten der Ev. Kirche im Rheinland werden (noch) härter“)

Auf Seite 2 des Schreibens der Kirchenleitung werden die tatsächlichen Gründe für den Finanzalarmismus benannt:

Zinsentwicklung (bbz lässt grüßen): Wir befinden uns in einer Niedrigzinsphase, deren Ende nicht abzusehen ist. Einigermaßen sicher angelegtes Kapital erbringt kaum mehr eine Rendite oberhalb der Inflationsrate. Da kirchliche Körperschaften über zum Teil recht üppige Rücklagen verfügen, bedeuten niedrige Zinsen Einnahmeverluste.

Versorgungskasse: Die niedrigen Zinsen machen bekanntlich den Versicherern zu schaffen. Die klassische Lebensversicherung scheint ein Auslaufmodell zu sein. Modelle der privaten kaitalgedeckten Altersvorsorge wie die Riester-Rente verlieren immer mehr an Popularität. Mit den gleichen Problemen wie die Versicherungsunternehmen hat die Versorgungskasse für PfarrerInnen und Kirchenbeamte zu kämpfen.

Vor einiger Zeit wurde entschieden, alles was möglich ist dem Kapitalstock der Versorgungskasse zuzuführen, die tatsächlich vordem durch kaum fassbare Fehlentwicklungen in eine Schieflage geraten war. Seit der Zeit hat die rheinische Kirche ein fragwürdiges Luxusproblem: Je höher das Kirchensteueraufkommen ist, desto umfangreicher fallen die Zuzahlungen an die Versorgungskasse aus, was auch bei einer guten Finanzentwicklung der Landeskirche, den Kirchenkreisen und den Gemeinden fiskalisch die Luft zum Atmen nimmt. Im Schreiben von Rekowski und Weusmann wird dies so ausgedrückt: „Bei der Versorgungssicherungsumlage wirkt sich aus, dass das zugrunde liegende Kirchensteueraufkommen aufgrund aktualisierter Schätzungen in der Planung erhöht wurde, wodurch sich der prozentuale Anteil ebenfalls erhöht.“ So kommt es zu der paradoxen Situation, dass gespart werden muss, weil die Einnahmen steigen.

Demographie: Mehrfach wird in dem Schreiben das Thema „demographischer Wandel“ sehr allgemein und unpräzise angesprochen. So liest man die von Alarmismus geprägten Sätze: „Und grundsätzlich müssen wir feststellen: Je später wir auf die seit langem bekannten demografischen Veränderungsprozesse reagieren, umso höher müssen unsere Sparmaßnahmen dann ausfallen. Je länger wir warten, desto härter werden uns die Folgen treffen.“ Zur Klarstellung: der demographische Wandel bei der Mitgliedschaft hat auf die Finanzentwicklung spätestens seit dem Alterseinkünftegesetz von 2005 eben sowenig einen empirisch nachweisbaren Einfluss auf die Einnahmen wie die Mitgliederentwicklung. Allerdings stellt die Altersstruktur der Mitarbeiterschaft ein großes Problem dar – vor allem im Blick auf zukünftige Versorgungsansprüche und Beihilfeleistungen. Aus diesem Grund wird, wie im Schreiben erwähnt, ab 2014 eine Beihilfesicherungsumlage eingeführt von zunächst 1% des Kirchensteueraufkommens, die „voraussichtlich“ auf 3% angehoben werden soll. Offenbar besteht die Absicht, ähnlich wie bei der Versorgungskasse einen Kapitalstock aufzubauen, um zukünftige Ansprüche abzusichern.

Neues kirchliches Finanzwesen (NKF): Erwähnt wird im Schreiben nur die Substanzerhaltungspauschale, die im Haushalt der Landeskirche den stattlichen Betrag von 8,2 Mio. € ausmacht, also grob 12% der gesamten Haushaltsmittel. Gewiss ist es sinnvoll, Rückstellungen zur Substanzerhaltung von Gebäuden zu bilden. Die rheinische NKF-Variante des NKF erzwingt allerdings durch eingebaute Automatismen die pauschale Ansammlung von Kapital in erheblichem Umfang und völlig unabhängig von der Einzelsituation, was nicht nur Immobilien betrifft. So entsteht ein offensichtlich gewollter Druck, sich von Personal und insbesondere von Immobilien zu trennen, um stattdessen Kapital aufzubauen.

Zusammengefasst: Die Ev. Kirche im Rheinland hat kein Problem mit ihren Einnahmen. Die Entwicklung der vergangen Jahres ist in dieser Hinsicht zumindest befriedigend und rechtfertigt in keiner Weise den von der neuen Kirchenleitung betriebenen Finanzalarmismus. Sie hat allerdings Probleme mit fragwürdigen Beschlüssen und Entscheidungen. Schon seit längerem besteht im Blick auf Versorgungskasse und Beihilfeproblematik die Strategie, durch die Ansammlung von Kapital Zukunft sichern und zukünftige Haushalte entlasten zu wollen. Hinter dieser Strategie steht die fragwürdige Hypothese, die Finanzkraft der Kirche würde sich im Zeitraum vom 2002 – 2030 halbieren. Hinzu kommt die rheinische NKF-Variante mit ihrer Tendenz, ebenfalls Geldmittel in unvernünftigem Umfang für Rücklagen und Rückstellungen aus der laufenden Arbeit abzuziehen. Man will also Sparen unter der Androhung von betriebsbedingten Kündigungen, um Kapital zur angeblichen Zukunftssicherung aufzubauen. Um die Zukunft zu sichern, wird die Kirche der Gegenwart nachhaltig beschädigt und damit ihre Zukunft erst recht aufs Spiel gesetzt.

Eine fragwürdige Strategie mit Risiken und Nebenwirkungen

Im Kern geht es um eine ernst zunehmende Problematik, auf die nicht nur die Ev. Kirche im Rheinland, sondern ebenso andere Landeskirchen wie auch weite Teile des öffentlichen Dienstes zu steuern. Es geht um die Altersstruktur der Beschäftigten, insbesondere derer, die in einem öffentlich rechtlichen Dienstverhältnis stehen. Dies sind überwiegend Pfarrerinnen und Pfarrer abhttp://www.agentur-aim.com/downloads/kirche/KVIID-Kirchenkrise-welche_Krise.pdfer auch etliche Kirchenbeamte. Insgesamt macht diese Gruppe noch nicht einmal 10% aller Beschäftigten im kirchlichen Kernbereich aus. Würde man die diakonischen Einrichtungen hinzurechnen, wäre der Prozentsatz noch wesentlich geringer. Diese Gruppe hat einen Rechtsanspruch auf Pensionen und Beihilfen. Etwa ab 2018 wird die Gruppe der sogenannten Babyboomer sukzessive in den Ruhestand gehen. Etliche Jahre später ist der Punkt erreicht, an dem die Anzahl der Ruheständler die der aktiven Pfarrerinnen und Pfarrer um ein Mehrfaches übertreffen wird. Diese gewaltige Herausforderung darf man keineswegs bagatellisieren. Es handelt sich allerdings um ein Szenario, dass sich frühestens in 10-15 Jahren einstellen wird. Jetzt schon tragfähige Lösungen für diese zukünftigen Belastungen entwickeln zu wollen, ist eher ein Ausdruck menschlicher Hybris als von vorausschauender Vernunft. Die jetzt eingeschlagene Strategie des verschärften Sparens mit dem Ziel, Kapital aufzubauen um zukünftige Haushalte zu entlasten, hat erhebliche Risiken und Nebenwirkungen.

Externe Risiken:

Finanzmarktentwicklung – wer durch Akkumulation von Kapital Zukunft sichern will, macht sich abhängig vom Finanzmarktgeschehen. Die jetzige Strategie der Kirchenleitung im Blick auf die Versorgungsproblematik setzt Stabilität der Finanzmärkte für die kommenden Jahrzehnte voraus. Der Nachweis, dass dies eine bestenfalls eine naive Illusion ist, wird an anderer Stelle geführt werden. Er wird überzeugend erbracht von so unterschiedlichen Autoren wie Fredmund Malik, Dirk Müller oder Sarah Wagenknecht und vielen anderen. Ein Grundproblem: es befinden sich Finanzprodukte mit wachsendem Volumen im Umlauf, die ein Vielfaches des Weltbruttosozialproduktes ausmachen. Dem gegenüber steht eine ebenso rasch wachsende Verschuldung von Privatpersonen und Staaten. Der Punkt an dem sich abzeichnet, dass die Schulden in immer größerem Umfang nicht mehr bedient werden können und damit das Finanzvermögen entwertet wird, ist bereits überschritten. Kapital, dem kein tatsächlicher Gegenwert gegenübersteht, wird mit Recht als „Schaumgeld“ bezeichnet. Offensichtlich wird der Tatbestand, dass die Fragilität und Unberechenbarkeit des aktuellen Finanzmarktgeschehens etwas mit der Versorgungskasse und anderem angelegtem Kapital der Kirche zu tun hat, konsequent verdrängt.

Wirtschaftliche Entwicklung, Veränderungen beim Steuerrecht – Dies sind die beiden Faktoren, die die Kirchensteuereinnahmen und natürlich indirekt auch die Kapitalerträge wesentlich beeinflussen. Kirchliche Finanzprognosen rechneten bisher in der Regel ökonomische Eckdaten der Gegenwart sowie den aktuellen steuerrechtlichen Rahmen schlicht für die Zukunft hoch. Die einzige einigermaßen verlässlich zu berechnende Konstante ist jedoch die Mitgliederentwicklung. Mag die Mitgliederentwicklung bis heute die Finanzkraft der Kirche erkennbar nicht beeinflusst haben, so wird dennoch auf Grund der mutmaßlich sinkenden Zahl der Gemeindeglieder ein Verlust an Finanzkraft prognostiziert, da man die wesentlichen Faktoren, die die Finanzkraft der Kirche tatsächlich beeinflussen, trotz ihrer Variabilität schlicht zu Konstanten erklärt. Diese Art von Prognostik ist das Papier nicht wert, auf dem sie noch so eindrucksvoll dargestellt wird. Einfacher ausgedrückt: wer so rechnet, liegt garantiert falsch. Denn im Blick auf die wirtschaftliche Entwicklung und das Steuerrecht ist eine große Bandbreite an möglichen Entwicklungen denkbar. Aus diesem Grund rät Fredmund Malik in seinem Buch „Management – das A und O des Handwerks“, Frankfurt 2007, Unternehmen, die erfolgreich sein wollen, dringend von einer derart eindimensionalen Prognostik ab und empfiehlt stattdessen das Arbeiten mit unterschiedlichen Szenarien (z.B. S. 142).

Interne Nebenwirkungen:

Auswirkungen auf die Motivation der Beschäftigten – bereits die Sparrunden der Vergangenheit, erst die 15%-Sparvorgabe für die landeskirchliche Ebene bis 2023, haben für erheblich Unruhe, Existenzdruck und Demotivation gesorgt. Die nochmalige drastische Verschärfung des Sparkurses trotz steigender Einnahmen während der vergangenen 8 Jahre ist in ihrer Auswirkung auf die Beschäftigten kaum absehbar. Selbst einem börsennotierten Großkonzern würde man ein derart unsoziales Verhalten nicht nachsehen. Die Kirche ist mehr als der Konzern angewiesen auf die Motivation ihrer Beschäftigten. Diese zu zerstören und langjährige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu Kostenfaktoren zu degradieren, beschädigt die Zukunft der Kirche.

Kirchenkreise und Gemeinden – Von der Versorgungssicherungsumlage, der Beihilfesicherungsumlage sowie NKF sind Kirchenkreise und Gemeinden genauso betroffen wie die Landeskirche. Folgt man der im Schreiben von Rekowski und Weusmann eingeschlagenen Logik, sind auch hier Einsparungen in ähnlicher Größenordnung unabweisbar. Eine interessante Frage ist in diesem Zusammenhang, wie unter den angeblich drastisch verschärften finanziellen Rahmenbedingen die Folgekosten von NKF, die Verwaltungsstrukturreform oder die neue IT-Struktur finanziert werden sollen.

Pfarrstellen – Manche Pfarrerinnen und Pfarrer sind der Überzeugung, es sei letztlich eine gute Sache und in ihrem Interesse, wenn die Landeskirche sich in einem derartigem Ausmaß um Versorgungsicherheit bemüht. Faktisch wird so der Pfarrdienst enorm verteuert. Dies bereitet den Weg für eine weitere drastische Reduktion von Pfarrstellen.

Was jetzt geboten ist: tatsächliche Transparenz vor allem im Blick auf die Lage der Versorgungskasse, auch würde man gerne exakt und an Hand von Zahlen belegt wissen, wie die Kirchenleitung zu derart drastischen Sparmaßnahmen kommt. Das Schreiben von Rekowski und Weusmann kann hier nur ein erster Schritt sein.

Zuletzt: Für mich persönlich besteht die größte Enttäuschung darin, dass die neue Kirchenleitung offenbar bisher nicht bereit ist, sich kritisch mit der reichlich missglückten Reformphase seit 2006 auseinanderzusetzen, was gewiss auch unter Kostengesichtspunkten lohnend und geboten wäre. Stattdessen wartet man mit einem „Kassensturz“ auf, bei dem sich eine fragwürdige Kontinuität in der Denkweise und Methodik zur Vergangenheit abzeichnet. Der Stil ist neu, bei den Inhalten folgt man tapfer der Spur auf den alten Gleisen.

Kritik am Stellenabbau bei Siemens

Chaostage in München

 

Zur aktuellen Lage bei Siemens:

 

„Die Lage ist so verworren, dass Lothar Adler die Dinge mit wachsender Sorge sieht. Adler ist Vorsitzender des Gesamtbetriebsrates und Mitglied des Aufsichtsrates. Ihm ist die Entwicklung im Konzern nicht mehr geheuer: „Ich vermisse eine nachhaltige zukunftsorientierte Unternehmenspolitik“, sagt er. Siemens brauche „einen Kurswechsel, bei dem wieder der Mensch im Mittelpunkt steht“, sagte Adler der SZ. So klare Worte sind bei Simens selten. Adler treiben die Dinge um. Er attackiert Löschers Effizienz- und Sparprogramm ‚Siemens 2014‘, mit der der Unternehmenschef Kosten und Arbeitsplätze reduzieren will. Das sei nur eine „kurzfristige Portfolio-Politik, bei der allein die Marge im Mittelpunkt steht“, moniert Adler. Die von Löscher eingeführte Umorganisation der Unternehmensbereiche führe zu einer Angstkultur im Unternehmen. Kaum einer der mittleren Führungskräfte traue sich noch wirklich, seine Meinung zu sagen und Probleme zu benennen. Adler ist alarmiert:“Wir brauchen eine neue Unternehmenskultur.“ Es brodelt bei Siemens.

SZ, 20./21.07.13, S. 21 Chaostage in München, KH Büschemann, C Busse

Wie sozial ist die Kirche?

Der Umgang der Ev. Kirche mit ihrem Geld, ihren Beschäftigten und dem Leitbild der „Dienstgemeinschaft“ – von Hans-Jürgen Volk

War die Kirche lange Zeit in struktureller Hinsicht dem öffentlichen Sektor zuzuordnen, so haben sich seit etlichen Jahren die Gewichte verschoben. Sie gleicht im Verbund mit ihren diakonischen Einrichtungen immer mehr marktorientierten Unternehmen, für die der eigene unternehmerische Erfolg an erster Stelle steht und eine Gemeinwohlorientierung nur insoweit Beachtung findet, als sie diesen nicht in Frage stellt. Unternehmen sind von Natur aus „egoistisch“. Die ideologische Unterweisung der neoklassischen Ökonomie stellt unbeirrbar fest, dass genau dieser Egoismus dem Gemeinwohl am effektivsten dient, mag die Wirklichkeit auf noch so bedrängende Weise das Gegenteil belegen. Die Ev. Kirche hat sich einem „Reformprozess“ unterzogen, der sich im Kern an einer betriebswirtschaftlich orientierten Neugestaltung ihrer Organisation ausrichtet. Sie mutiert so zu einem Dienstleistungskonzern mit religiösen und diakonischen Angeboten. Zunehmend prägt dies den Umgang mit ihrer Mitarbeiterschaft ebenso wie den Umgang mit ihrem Geld.

Wachsender Druck auf die Professionen

Auf die Professionen wächst der Druck. Den geringsten Anteil am wachsenden Druck haben externe Faktoren. Das Thema wurde in den wort-meldungen schon in einzelnen Aspekten  (vgl. 1.) gesichtet. Hier finden Sie eine Zusammenfassung und Vervollständigung.

Von Pfr. Friedhelm Schneider

  1. Gesellschaftliche-technische Entwicklung: Steigerung der Anforderungen beruflich-fachlicher Natur (übliche Entwicklungsprozesse; heute höhere Entwicklungsdynamik, die zu berufsspezifische Zusatzaufgaben wie etwa der Erziehungsfunktion bei Lehrern führen;)
  2. Personalmanagement: 2.1. Arbeitsverdichtung infolge Personalmangels, Stellenabbau, Unterbesetzung der Stellen, 2.2. Erhöhung des Leistungsdrucks (Richter: Steigerung der Fallzahlen, Ärzte: einheitliche Budgets für Krankheitsfälle, Professoren),
  3. Arbeits- und Dienstrecht: Erbringung zusätzlicher, teilweise fachfremder Leistungen und Arbeiten (Dokumentationen, Kontrollsysteme, Drittmittelbeschaffung, Verwaltung, komplizierte Abrechnungssysteme bei ÄrztInnen)
  4. Kostendruck der Institution durchgereicht an Mitarbeiter/Profession
  5. Organisationsstruktur: Verstärkte Einbindung von Ehrenamtlichkeit in Leitungsfunktion (vgl. Abschnitt „Konstruktionsfehler“) führt zu erhöhtem Aufwand für die Professionellen, Kräfteverzehr, Konflikten
  6. Arbeits- und Dienstrecht (Versetzbarkeit, Wartestand; Befristungen wie Wissenschaftszeitvertragsgesetz vgl. S.20 an Unis;, ‚Saisonverträgen‘ bei LehrerInnen)
  7. persönlicher ökonomischer Druck (Institutionsabhängige: seit etwa 2000 kein nennenswerter Inflationsausgleich beim Gehalt; Kürzungen von Gehaltszulagen wie Weihnachtsgeld, Kürzung der Mittel für Fortbildungsmaßnahmen, verzögerte Durchstufungen, etc.; bei Ärzten: div. Reglementierungen wie SGB V)
  8. Steigerung des Arbeitsaufwandes infolge von dauerhaften Reformprozessen (Umgestaltung des Arbeitsfeldes, neue Instrumente, neue Steuerungsstrukturen  etc.)

 

Personalmanagement nach Bedford-Strohm und nach Huber. Ohrfeige für den Lehrer Wolfgang Huber?

Am 19. August 2012 predigte der bayerische Landesbischof Bedford-Strohm anlässlich des 70. Geburtstags seines Lehrers Wolfgang Huber in Berlin und sagte in seiner Predigt Folgendes:

Es gibt keine tragfähigere Grundlage für Gelingen als die Dankbarkeit für geschenkte Freiheit. Aus dieser Perspektive heraus ist die aus bestimmten Unternehmensberatungskonzepten stammende gesellschaftliche Tendenz problematisch, nach der Erfolg vor allem oder gar allein auf Qualitätskontrolle fußt. Im Namen der Bekämpfung des Schlendrians tritt an die Stelle der Freiheit die Kontrolle. Nicht das Zutrauen in Kompetenz und Engagement der Mitarbeiter gibt den Ton an, sondern das Misstrauen. Der Nachweis über die Qualität der eigenen Arbeit stiehlt der echten Arbeit die Zeit. Der ständige Zwang zur Beweisführung über die Qualität der eigenen Arbeit wird zum Gift für die Arbeitsatmosphäre. Es tut den Unternehmen nicht gut, es tut den Universitäten nicht gut. Und es täte ganz bestimmt der Kirche nicht gut, wollten wir auf diesen Zug aufspringen. … Lasst uns die Kirche verändern! Lasst uns ihre Ausstrahlungskraft erneuern! Lasst uns das Evangelium so weitersagen, dass die Welt es hört! Aber lasst es uns aus der Leidenschaft und Begeisterung heraus tun, die die Freiheit eines Christenmenschen mit sich bringt. Alle Instrumente der Motivation, alle Methoden der Mitgliedergewinnung und –bindung, alle Personalentwicklungsprogramme für unsere Pfarrerinnen und Pfarrer werden schal und sind am Ende kontraproduktiv, wenn sie zur Hauptsache werden und sich nicht mehr nähren aus der geschenkten Freiheit.“ Lesen Sie den Beitrag von Pfr. Taig, Hof.

Zur Gegenüberstellung: In Kirche der Freiheit, unterzeichnet vom damaligen ratsvorsitzenden der EKD Wolfgang Huber, wurde formuliert:

„Unerlässlich ist es dafür, Ziele zu formulieren, Erfolge zu überprüfen und Teamfähigkeit zu fördern. Der Umfang der von kirchlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern erbrachten Leistung wie deren Qualität lässt sich steigern. Orientierungsgespräche, Zielvereinbarungen, 360-Grad-Feed-backs und andere Instrumente können auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Kirche zu Gute kommen. Auch die Mitglieder und die an der Kirche Interessierten werden das mit Freude bemerken. Die Qualifizierung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern hat deshalb eine so hohe Priorität, weil die evangelische Kirche die geistliche Qualität ihrer Arbeit steigern und unter diesem Gesichtspunkt Leistung fördern möchte.“ (KdF, S. 65).

Also eine Ohrfeige für den Lehrer?

Führen und leiten lernen für die EKBO

Im Amtsblatt der EKBO 3/2013, S. 68 wird für einen  Lehrgang geworben, bei dem man folgendes lernen kann:
„1. Organisationsanalyse
– Definitionen und Grundbegriffe in der Organisationslehre,
– Organisation als Managementaufgabe
2. Qualitätsmanagement
– Verfahren und Instrumente zur Beschreibung von Qualität
sozialer, pädagogischer und kirchlicher Arbeit
3. Organisationskultur
– Organisation und Institution Kirche,
– Rituale/Corporate Identity
4. Projektmanagement
– Planung, Organisation, Steuerung, Dokumentation,
– Präsentation von Projekten
5. Veränderungsmanagement
– gesellschaftliche Veränderungsprozesse;
– Veränderungswiderstand in Organisationen, Gruppen und bei Personen:“

Die Fortbildung für Pfarrer und Pfarrerinen  „dient der Reflektion und
Weiterentwicklung der Leitungskompetenz und wird von der Diakonischen Akademie für Fort- und Weiterbildung e.V. in Kooperation mit der EKBO und dem DWBO durchgeführt.“ (ebd.).

A.D.

Ein Kommentar erübrigt sich.

A.D.

Synodenberichte: Pfarrstellenentwicklung, Theologennachwuchs, Berufsbild, Stellenbesetzung

 

Württemberg: Pfarrplan 2018: „Solidarität praktizieren“ 

Insgesamt sehe der Pfarrplan 2018 eine Kürzung um 5,9 Prozent oder konkret um 87 Stellen auf dann noch 1.391,75 Pfarrstellen vor, erläuterte Traub. Die Sonderpfarrstellen um 23 (oder 7,7%) auf 275 Stellen gekürzt.

Für den Pfarrplan 2024 erwarte er noch stärkere Kürzungen, kündigte der Personaldezernent an. Wenn Sie mehr lesen wollen, folgen Sie auf der Startseite der Landeskirche rechts dem button „Synodenberichte“; dort finden Sie den Pfarrplan auf S. 8.

Westfalen: „Veränderung verantwortungsvoll gestalten“

Die Weichen zur Bewältigung der personellen Herausforderungen der nächsten zwei Jahrzehnte hatte die Evangelische Kirche von Westfalen (EKvW) bereits auf der Landessynode 2011 gestellt – mit einem Personalentwicklungskonzept. In diesem Jahr war es Zeit, eine erste Bilanz zu ziehen: Bis 2030 wird sich die Zahl der benötigten Pfarrerinnen und Pfarrer von derzeit knapp 2.000 nahezu halbieren. Trotzdem fehlt es am Theologennachwuchs. Doch die vorausschauenden Planungen der Landeskirche, so Oberkirchenrätin Petra Wallmann, eröffnen die Chance, die notwendigen Veränderungsprozesse besonnen zu gestalten. Zum Pressebericht.

EKM: aus dem Bischofsbericht von Ilse Junkermann

Zu diesem „Dunkel“ gehört auch, dass wir mit aller Nüchternheit wahr- und ernst nehmen: Das Bild vom Pfarrerberuf wird zunehmend negativ, denn zu viele Lasten liegen auf ihm. Als ob dieser Beruf alles richten könne. Und zeitgleich macht sich in unserer Kirche mancherorts eine Negativstimmung gegen den Pfarrberuf breit: Er sei zu gut bezahlt, die Pfarrerinnen und Pfarrer würden die Welt nicht kennen, sie sollen sich nicht so anstellen.

Das und anderes wirkt negativ auf die nächste Generation. Der Vertreter einer theologischen Fakultät berichtet, wie nicht wenige der schon wenigen Pfarramtsstudierenden ins Lehramtsstudium wechseln. Und er führt aus: Wenn zur theologischen Qualifikation die Erfordernis kommt, dass der Partner oder die Partnerin getauft sein muss, dass die Wahl des Wohnorts stark eingeschränkt wird (durch die Residenzpflicht), dass die Arbeitszeiten und die Arbeit selbst so wenig einschätzbar sind, dass die, die im Amt sind, mehr klagen als Zukunftsperspektiven und Gestaltungsmöglichkeiten sehen – dann wollen nicht wenige rechtzeitig ihre Berufswahl korrigieren. Ggf. zum Bericht.

Warum der EKHN die Pfarrer abhanden kommen – Zu den Gründen einer verfehlten Personalpolitik

Das Amtsblatt Juli 2010 brachte eine erstaunliche Meldung: Drei Studierende haben das 1. Theologische Examen bestanden. Im Dezember 2010 sind es dreizehn Absolventen. Mit dieser Zahl ist das Nachwuchsproblem der EKHN deutlicher sichtbar geworden, als es den Verantwortlichen lieb sein kann. Wie kommt es zu dieser Entwicklung, die die Lage der evangelischen Kirche in einigen Jahren erheblich prägen könnte?

Lesen Sie den Artikel „Warum der EKHN die Pfarrer abhanden  kommen – Zu den Gründen einer verfehlten Personalpolitik“ von Dr. Christoph Bergner in: Kirche_ohne_(pastorale)_Zukunft

EKHN: Wort-Meldungen zur neuen Pfarrstellenbemessung

In Fragen der Pfarrstellenbemessung (Personalreduktionsplanung) war die Synode der EKHN auf Ihrer Tagung im November trotz bis zum Schluss nachdrücklicher Parteinahme der höchsten Repräsentanten der EKHN nicht der Vorlage der Kirchenleitung gefolgt. Strategisch stand die Vorlage einer Reduktion der Pfarrstellen um 25% bis zum Jahr 2025 auf allzu wackligen Beinen und hatte in den Dekanaten (Kirchenkreisen) nach der damals noch ausgesprochenen Aufforderung zur breiten Diskussion zu massiven und zahlreichen Widersprüchen in Form von Synodeneingaben geführt.

Die Synode hat sich der Argumente des Protestes angeschlossen und die Reduktionsquote auf nur 1% p.a. – und damit parallel zur prognostizierten Reduktion der Mitglieder beschlossen. Die Kirchenleitung gerät damit unter Druck und versucht, in einzelnen Teilgruppen der Pfarrerschaft Reduktionen verstärkt zu realisieren. Dagegen gibt es von Seiten der Betroffenen, wie im Falle der sog. „beigegebenen PfarrerInnen“, Widerspruch. Dass nunmehr immer noch zusätzliche handwerkliche Mängel bei Gemeindepfarrstellen zu durchaus vermeidbaren Unwuchten und Härten führen werden,  beschreibt der Synodale Pfarrer Tobias Kraft in seinem Artikel Wortmeldung zur neuen Pfarrstellenbemessung.